Ethik im Design Verantwortung gegenüber dem Nutzer

Ein Beitrag von Verena Horeis
Content Creation – Redaktion

 

Warum ethisches Design wichtig istUnsere UX-Expertin Alona hat sich am World Usability Day dazu schlau gemacht.

Unterwegs Mails checken, schnell eine Online-Bestellung aufgeben und für den Abend einen Tisch im Lieblingsrestaurant reservieren. Das machen viele von uns ganz selbstverständlich mit dem Smartphone. Es ist ein ständiger und wichtiger Begleiter in unserem Alltag. Ebenso wie Tablets und andere digitale Endgeräte. Wir interagieren in unterschiedlichen Situationen mit Apps, Webshops und anderen digitalen Anwendungen. Wie diese aufgebaut sind und aussehen, beeinflusst unser Verhalten – bewusst oder unbewusst.

Ein Beispiel gefällig? In einer App steht ein großer, bunter Button neben einem etwas kleineren weißen. Wohin klicken Sie intuitiv? Vermutlich auf den farbigen Button. Vielleicht haben Sie mit diesem Klick allen Cookies zugestimmt. Eventuell aber auch ein Probeabo für einen Streamingdienst abgeschlossen. In beiden Fällen ohne darüber nachzudenken, ob Sie das wirklich wollten.

Ein Produkt – verschiedene Ziele

Die Gestaltung von interaktiven Systemen beeinflusst und steuert Nutzer also ein Stück weit. Das sollten UX-Designer bei ihrer Arbeit nicht vergessen. Denn die Anbieter haben teils andere Ziele als die Nutzer.

Nutzer wünschen sich eine schnelle, effiziente und intuitive Anwendung.
Anbieter müssen und wollen Geschäftsziele erreichen – etwa Kunden binden, höhere Umsätze generieren oder Daten sammeln. Daraus folgt die ethische Verantwortung gegenüber den Usern.

Folgende Überlegungen helfen Designern, ihre ethische Verantwortung zu prüfen:

  1. Wie verstehe ich, wie versteht mein Auftraggeber ethisches Design von digitalen Produkten? Wann ist eine Anwendung unethisch?
  2. Wie lässt sich ethisches, verantwortungsvolles Design mit den angestrebten Zielen des Produkts vereinen?
  3. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten?

Die „eine“ richtige Antwort auf diese Fragen gibt es nicht. Auch keine einheitliche Definition von ethischen Designs. Ebenso fehlt zu vielen Fragen (noch) ein klarer rechtlicher Rahmen.

Letztlich müssen Designer und alle Beteiligten eines Projekts oft ausloten: Gestalte ich ein System rein zum Wohle der User? Nehme ich in Kauf, dass diese ein Stück weit manipuliert werden, um vorrangig Geschäftszielen zu dienen? Fachleute sprechen von einer Abwägung zwischen honesty (Ehrlichkeit) und Unethical Design bzw. Dark Pattern.

Die derzeit viel diskutierten Cookie-Banner sind ein Beispiel für das Dilemma: Anbieter wollen möglichst viele Daten über ihre User sammeln – auch um geschäftsförderndes Tracking zu betreiben. Deshalb ist es oft leichter, alle Cookies zu akzeptieren, als mühsam einzelnen Verwendungszwecken zu widersprechen. Viele User sind von solchen Bannern schlichtweg genervt.

Weitere Beispiele, bei dem das Design eines Systems eher den Geschäftszielen als dem Nutzer dient:

  • Die Möglichkeit, einen Account zu deaktivieren, ist auf der Website gut versteckt.
  • Ein Countdown, der anzeigt, wie lange ein Besucher noch von einem Rabatt profitiert, soll Kaufdruck aufbauen
  • Nach einer Testphase wird ein Gratisabo automatisch kostenpflichtig. Der Anbieter weist darauf deutlich hin.
  • Der Nutzer wird gebeten, einen Newsletter zu abonnieren. Dass der Anbieter dazu personenbezogene Daten sammelt, findet sich im Kleingedruckten.
  • Ein Add-on wird standardmäßig mitinstalliert, es sei denn, der User entscheidet sich aktiv dagegen.

Ein rechtliches No-Go sind solche Vorgehensweisen in den meisten Fällen nicht. Oft werden sie als verkaufsfördernd hingenommen. Ethisch bedenklich bleiben sie dennoch. Verbraucher- und Datenschützer warnen daher vor der Ausbreitung solcher Praktiken.

Klar, Geschäftsziele und ethische Verantwortung schließen sich nicht aus. Das Design einer interaktiven Anwendung liegt oft zwischen diesen beiden Polen. Sinnvolle Default-Einstellungen, können den User sinnvoll unterstützen. Etwa indem sich eine App Zahlungsdaten merkt oder ein Webshop ähnliche Artikel zu den gesuchten anbietet.

Ehrlichkeit zahlt sich aus

Firmen, die Websites und Apps gestalten, tun gut daran, ethische Fragen des Designs aus zwei Perspektiven zu betrachten:

  1. intern: Mitarbeitende für den Bereich ethisches Design sensibilisieren und wenn nötig schulen.
  2. extern: In der Kundenberatung auf ethische Fragestellungen hinweisen.

Denn nutzerzentrierte Produktgestaltung kann sich auszahlen. Ist der Endkunde zufrieden und fühlt sich mit einem Produkt wohl, profitiert der Anbieter.

Seine möglichen Vorteile

  • langfristige Geschäftsbeziehung und stabile Umsätze
  • positive Bewertungen im Bekanntenkreis und auf digitalen Plattformen
  • glaubwürdige Kommunikation von Firmen- und Markenwerten wie Kundenfreundlichkeit, Transparenz, Fairness

Anders, wenn sich der Endkunde über eine Anwendung ärgert, sich vielleicht sogar betrogen fühlt. Er verliert das Vertrauen und wird sich vermutlich nach einem anderen Produkt oder Anbieter umsehen.

Mehr zu Alona Levitin

Nach Ihrer Ausbildung zur Grafikdesignerin mit dem Fokus digitale Applikationen an der Diploma Hochschule spezialisierte sie sich schnell in Richtung UX/UI Design. Bei wdv arbeitet Alona seit mehreren Jahren als Expertin im Bereich Usability und User Experience. Ihr Schwerpunkt ist die Konzeption und Gestaltung digitaler Lösungen. Dabei steht die Entwicklung nutzerzentrierter Kommunikationskonzepte im Vordergrund – von der Research-Phase bis zur Evaluierung der erarbeiteten Lösung.

Gelungene Systeme führen den Kunden, führen ihn aber nicht absichtlich in die Irre. Das sehen Sie auch so und wollen sich mit uns austauschen? Dann freuen wir uns auf Ihre Anfrage.

 

Kontaktieren Sie ...Alona Levitin,
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